The New Greens

Erneuerung Am Anfang war Al Gore. Als Meris Sehovic den Dokumentarfilm An inconvenient Truth zu Ende geschaut hat, trifft er einen Entschluss. Er setzt sich an den Computer seiner Eltern in Manternach. Tippt „Déi Gréng" in die Suchmaschine ein. Und füllt einen Mitgliedsantrag aus.

Neun Jahre später soll Meris Sehovic Ko-Präsident von Déi Gréng werden. Noch ist er nicht im Amt, die Partei musste seine Wahl Corona-bedingt bereits zweimal verschieben, aber am Donnerstag soll es nun beim digitalen Parteikongress endlich so weit sein. Ohne Gegenkandidat gilt seine Wahl nur als Formsache. Doch auch darüber hinaus gibt es wenig Zweifel am Kandidaten Sehovic. Das „Riesentalent", wie sein einstiger Mentor Claude Turmes ihn bezeichnet, ist bestens vernetzt, genießt hohes Vertrauen und gibt im Hintergrund seit Jahren den Takt in der Partei an. „Meris ist ein herausragender Politiker, passt vom Profil her perfekt in die Rolle des Präsidenten", so der Grünen-Abgeordnete François Benoy. Selbst Politiker aus anderen Parteien sind kaum überrascht über die bevorstehende Nominierung: „Mir war klar, dass er die Parteileitung irgendwann übernehmen wird", sagt Michael Agostini, der Präsident der jungen Demokraten (JDL). […]

Weg nach Westen […] Seine Mutter ist als Russlanddeutsche in Odessa aufgewachsen. Sie trifft seinen Vater eher zufällig bei einer Reise nach Belgrad. Der verarmte Studienabbrecher hat 1990 in der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien nicht mehr zu bieten als eine Baracke ohne fließendes Wasser. Die beiden verlieben sich trotzdem. Kurz nach der Geburt von Meris zieht es den Vater gen Westen. Zu dessen Schwester, die von einem besseren Leben in Luxemburg berichtet.Als der Vater über Umwege eine Bleibe und eine Stelle in einer Gärtnerei im Großherzogtum findet, reisen Mutter und Sohn nach. Die Familie lebt in einem Heim in Moersdorf, einem Ort, von dem Sehovic nur noch die serbische Aussprache „Mestreff" in Erinnerung behält sowie Wäscheklammern als Spielzeug.

Danach zieht die Familie in ein Flüchtlingsheim auf Howald: Die Zimmer sind durch Vorhänge abgetrennt, Meris muss sein Bett mit seinem jüngeren Bruder teilen. Erst später, als Meris die vierte Klasse besucht, ziehen die Sehovics nach Manternach in ein Eigenheim.

Politiknerd […] Sehovic war dank Al Gore bereits Mitglied der Grünen, aber eher passiv. Das änderte sich in den Krisenjahren 2012 und 2013. Der junge Politikstudent wandte die Demokratietheorien von Locke und Montesquieu auf Luxemburger Fallbeispiele an und merkte: Hier stimmt doch etwas nicht. Oder wie Felix Braz es damals formulierte: „Es ist etwas faul im Staate Luxemburg". Das Land, das er für eine moderne Demokratie mit ausgeprägtem Rechtstaat hielt, entzauberte sich, je mehr er darüber nachdachte, Und die Ergebnisse seiner Entzauberung veröffentlichte er auf einem Blog und auf Twitter. Zu dieser Zeit nahm er auch erstmals Kontakt auf mit den jungen Grünen und lancierte unter anderem die „Vertraut Dir dësem Mann?" -Kampagne`; die scharfe Kritik am damaligen CSV-Minister Luc Frieden übte.

Turmes-Jahre […] Die Turmes -Jahre waren äußerst prägend. Wer Sehovic reden hört und politisch beobachtet, erkennt bei ihm viele Eigenschaften des einstigen MrEnergy. Er ist weniger Showman, weniger Müsli und auch weniger charismatisch als sein Mentor, besitzt allerdings das gleiche Arsenal aus der politischen Trickkiste: Brücken schlagen in feindliche Lager, Mehrheiten beschaffen, Netzwerke aufbauen, die Presse beschäftigen und zu eigenen Zwecken instrumentalisieren, knallhart verhandeln und vor allem: akribisch arbeiten. „Meris ist eine Ameise", sagt DP-Politiker Michael Agostini. „Politik heißt, so lange zu argumentieren, bis eine Mehrheit von 50 plus 1 erreicht ist`, fasst Sehovic sein Demokratieverständnis zusammen. Wie bei der Polit-Serie House of Cards hat er mit Turmes vor einer wichtigen Abstimmung die Namen der Politiker aufeinem Whiteboardim Büro eingeteilt in Anhänger und Gegner -und so lange hin und hergeschoben, bis die Mehrheit stand. […]

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Meris Sehovic